Stadtführung der unheimlichen Art

 

Im Rahmen der Aktion Licht-Stadt-Schatten fand in der Zeit vom 25. bis 31. Oktober 2002 täglich eine "Stadtführung der unheimlichen Art" statt.
Axel Scherer, ehemaliger Fotograf des Oberhausener Wochenanzeigers, führte die interessierte Gruppe an vier verschiedene Orte in der Oberhausener Innenstadt, die der "Normalbürger" in der Regel nicht zu sehen bekommt.

Treffpunkt für die kostenlose Führung war jeweils das Festzelt auf dem Friedensplatz.

Von hier aus wurde auch gleich die erste Station angesteuert - über die Langemarkstraße ging es zum Kaufhof.
Zwischen Haupteingang und Parkhaus ging es durch eine kleine Nebentüre in den Keller des Gebäudes. Nach kurzer Erläuterung über das vorhandene Notstromsystem wird hinter der nächsten Türe die Requisite sichtbar. Zahllose, in Eigenarbeit erstellte Dekorationsartikel, sind hier zu sehen. Von der Geburtstagstorte aus Pappe über überdimensionale Tennisschläger bis zu verschiedenen Nationalflaggen ist hier alles vertreten. Schaufensterpuppen in allen Variationen - Arme und Hände zum Wechseln - stehen hier herum.
Die Besonderheit des Hauses: Ein Tunnel, der sich die Paul-Reusch-Straße entlangzieht. Die Schaufenster dort haben keine Türen, sondern werden bis heute von unten aus einem Kellergang heraus bestückt. Einige geschmückte Weihnachtsbäume warten hier bereits darauf, durch eine Klappe in der Kellerdecke in die Schaufenster gestellt zu werden. Die Teilnehmer der Stadtführung haben die Gelegenheit auf eine Leiter zu steigen und den Kopf durch die Klappe zu stecken um sich dann in einem der Schaufenster wiederzufinden. Neugierig und leicht verwirrt beobachtet draußen ein kleines Mädchen die aus dem Schaufensterboden hervorkommenden Köpfe.
Weiter geht es durch die Kellergewölbe bis man des Ausgang an der Marktstraße erreicht.

Von hier wird das nächste Ziel in Angriff genommen.

Was sich hinter der schräg gegenüberliegenden Häuserfront verbirgt, weiß heutzutage kaum noch jemand. Wo heute die Parfümerie Douglas und zwei andere kleine Geschäfte beheimatet sind, befand sich früher der Haupteingang eines Kinos.

Über den ehemaligen Notausgang auf der Rückseite des Gebäudes erreicht man einen wahren Schatz. Eine Metalltreppe ist heute der einzige Weg in diesen Teil des Gebäudes.
Ein einziger Hallogenstrahler erhellt den riesigen, seit über 30 Jahren ungenutzten Raum. Die Bestuhlung ist nicht mehr vorhanden und ansonsten hat die Zeit hier deutlich ihre Spuren hinterlassen.
Das "Palast-Theater", von der Ufa im Jahre 1955 erbaut, wurde im Jahre 1971 geschlossen. "Weil man sich nicht mehr über den Mietpreis einig wurde", weiß Scherer zu erzählen. Bis zu zehn Platzanweiser und acht Garderobieren mühten sich einst um ihre Besucher. Ob der Raum heutzutage überhaupt noch zu nutzen ist, soll nun ein Architekt prüfen.
Das nächste Ziel befindet sich am unteren Ende der Marktstraße, kurz vor der Unterführung. Fünf Minuten Fußweg bringen die Menge zum Parkhaus Linsingenstraße. Auch hier geht es wieder unter die Erde.
Gut zwanzig Meter unter der Erdoberfläche befindet sich hier ein Regenrückhaltebecken.
"Damit die Keller in der Innenstadt nicht mehr vollliefen, bauten die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen dort Anfang der 80er Jahre dieses riesige Becken", berichten zwei Mitarbeiter der WBO.
5000 Kubikmeter fasst das dreifach unterteilte Becken. Das Parkhaus befindet sich nicht umsonst genau darüber - weil auf grundwasserhaltigem Boden gebaut wurde, brauchte man ein Gegengewicht, damit das Becken bei Regen nicht hochkommt.
"Zwei ähnliche Becken befinden sich übrigens unter dem Kreisverkehr am Concordiahaus (Bero-Center) und unter dem Fröbelplatz", verrät mir ein städtischer Mitarbeiter.
Die letzte Station der Stadtführung erreicht die Gruppe nach weiteren zehn Gehminuten über die Friedrich-Karl-Straße am Hauptbahnhof. Zwischen Mc Donalds und einem Cafe führt eine kleine Türe in den sonst nicht zugänglichen Teil des Bahnhofs - den Turm.

Über ein Treppenhaus erklimmt die Gruppe den Turm, blickt zwischdurch immer mal wieder durch schmutzige Fenster nach draußen. Zwei verschlossene Türen muß Scherer öffnen, bevor hier gleich einige Dinge zu bestaunen sind.
Zwei, gut zehn Meter hohe Röhren aus Beton stehen hier nebeneinander. Fünf bis sechs Meter messen sie im
Durchmesser, fast 15 cm stark sind die Wände dieser Becken.
"Früher wurde hier oben in den Becken das Wasser für die Dampflokomotiven bereitgestellt", klärt Scherer auf. Immer noch kann man die Rohre im Boden sehen, die zu den Gleisen führten.
Einige Löcher in den Wänden der Becken zeigen es - mittels Probebohrungen hatte man kürzlich den Zustand der Becken überprüft. Aber, der ist nach wie vor bestens. Ein Abriss der Betonbecken ist nur mit sehr hohem finanziellen Aufwand durchzuführen. Und so wird der Gedanke der Bahnhofsgesellschaft, hier oben ein Cafe einzurichten auch in Zukunft nur ein Wunsch bleiben.
An den Wänden des Raumes sind zwei weitere Dinge zu sehen: Die Bahnhofsuhren von innen.

Geradezu gigantisch wirken die beiden heutigen Uhren von hier. Über eine Leiter ist das Uhrwerk zugängig. Fast einen Meter messen sie im Durchmesser.
Direkt daneben, zwischen Betonbecken und Turmwand, steht noch die alte Uhr. Sie steuerte früher die großen Uhren an den Turmaussenseiten und lässt sicher auch noch heute so manches Uhrmacherherz schneller schlagen.
Hier endete dann auch der offizielle Teil der "Stadtführung der unheimlichen Art". Eine auf jeden Fall äußerst interessante und lohnenswerte Aktion, die hoffentlich von Seiten der Stadt so oder in anderer Weise in naher Zukunft wiederholt wird.

Den Mutigen unter den Teilnehmern bot Scherer an dieser Stelle noch an, das Dach des Bahnhofsturm zu erklimmen. Trotz zahlreicher mahnender Worte, liessen sich gut ein Dutzend Neugierige auf das Abenteuer ein.
Mittels einer etwa sechs Meter hohen Metallleiter erklomm man ein Podest, von dem aus eine weitere, etwa drei Meter hohe Metallleiter nach oben führte. Von hier ging es dann um die Ecke, wo in der Wand ein Loch zu sehen war, durch das man kriechen mußte. Dank einiger Taschenlampen bahnte sich die Gruppe den Weg hierdurch und kam so zu einer letzten kleinen Leiter, die zwischen den beiden Turmhälften auf das Dach führte.
Nachdem man sich an die Dunkelheit und die Kälte gewöhnt hatte, genoss jeder einzelne für sich den atemberaubenden Blick über die nächtliche Kulisse Oberhausens und der Nachbarstädte.

Der Busbahnhof vom Dach des Bahnhofsturms gesehen. Rechts ist ein Teil der Babcock-Leuchtreklame zu erkennen.


Links das Rathaus, rechts die Hans-Böckler-Schule, dahinter die EVO. Im Vordergrund ein Träger für die Leuchtreklame.

Links der Gasometer, in der Mitte das CentrO., rechts die Kirche an der Mülheimer Straße. Im Vordergrund ein Träger für die Leuchtreklame.

 

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