Der Drache geht um
Stadtführung der besonderen Art mit Axel J. Scherer durch Keller, Gänge und in schwindelnde Höhen.




Auch 2003 gab es im Rahmen einer Kulturwoche in der Oberhausener Innenstadt eine "Stadtführung der außergewöhnlichen Art". Die Fortsetzung der in 2002 gestarteten Reihe (s. hier) versprach schon im Vorfeld erneut recht interessant zu werden.

Der Fotograf und Hobby-Historiker Axel J. Scherer führte die Gruppe anlässlich des Kulturprojekts "Der Drache erwacht" auf seine charmant-witzige Art an verschiedene Orte, die normalerweise für den Bürger nicht zugänglich sind. Vom Treffpunkt "Schwan" am Friedensplatz waren alle Ziele zu Fuß zu erreichen.

Axel J. Scherer

Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung und der Erledigung der notwendigen Formalitäten, ging es dann auch gleich zum ersten Ziel, der Gesamtschule Alt-Oberhausen an der Schwartzstraße.
Einen kurzen Zwischenstopp in Höhe der Luise-Albertz-Halle nutzte Scherer, um über die frühere Zweiteilung der jetzigen Innenstadt zu berichten. Eine Bahnlinie auf der heutigen Danziger Straße teilte das Industriegelände vom Wohn- und Verwaltungsbezirk. Ebenso wurde über die Entstehungsgeschichte des Rathauses auf dem Galgenberg und der ehemaligen Hauptstelle der Stadtsparkasse (gegenüber der Stadthalle) gesprochen. Dass auf dem Gelände des jetzigen Grillo-Parks vor dem Rathaus früher für einen Zeitraum von gut 20 Jahren ein See war (entstanden durch eine Bergsenkung der Zeche Concordia), war keinem der Teilnehmer bekannt.

Nach wenigen Minuten war von hier das eigentliche Ziel erreicht. Die Gesamtschule Alt-Oberhausen - das ehemalige Novalis-Gymnasium - birgt auf dem Dach des Schulgebäudes eine Sternwarte, deren grüne Holzkuppel von der Schwartzstraße aus gut zu sehen ist.

Die Sternwarte wurde in den 50er Jahren errichtet, jedoch aus finanziellen Gründen bis heute nie aktiv genutzt. Für die Anschaffung eines Teleskops reichten die Gelder nach der Fertigstellung nicht mehr. Wie Scherer in einem Gespräch mit dem jetzigen Schulleiter erfuhr, stiftete der Hobby-Astronom sein eigenes privates Teleskop, um interessierten Schülern die Möglichkeit zur Nutzung der Sternwarte zu geben. Neben dem Teleskop gab es von hier aus vor allem einen guten Ausblick auf das Rathaus und die Kreuzung Mülheimer Straße / Schwartzstraße.

Ein kurzer Spaziergang von der Mülheimer Straße über den Henri-Dunant-Weg führte die Gruppe zur EVO (Energieversorgung Oberhausen) an der Danziger Straße. Unterwegs bot sich für Scherer bei einem kurzen Stopp an der Rückseite des "NH Oberhausen Hotels" die Gelegenheit, erneut einiges zur Geschichte dieses Teils der Stadt zu erzählen.
Von ehemaligen Industrieflächen und Tankstellen war hier die Rede. Daran, dass hier früher das städtische Busdepot war, konnte sich der ein oder andere noch erinnern.
Bei der EVO angekommen, wurde hier zuerst die Leitstelle besucht - die Schaltzentrale der Oberhausener Energieversorgung. Ein freundlicher Mitarbeiter berichtete über die Tätigkeiten und Aufgaben der EVO als Energielieferant für Strom, Erdgas und Fernwärme sowie über das Heizkraftwerk. Eine Art "Museum" konnte die Gruppe im Anschluss besichtigen. Neben alten Instrumenten und Messgeräten, gab es auch eine alte Turbine zu bestaunen.

Die Leitstelle der EVO

Zwei Räume weiter ließ ein Blick durch ein kleines Sichtfenster auf lodernde Flammen die Temperaturen ahnen, die im Innern des Heizkessels herrschen.

Eine alte Turbine

Ein altes gusseisernes Oberhausener Wappen

Die "Solar-Pyramide" und der Kamin des Heizkraftwerks Alt-Oberhausen

Als Höhepunkt folgte nun der Aufstieg auf das Dach des EVO-Gebäudes. Hier wurde im Jahre 2001 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Stromversorgung in Oberhausen die "Solar Pyramide" errichtet. Aus einer Höhe von gut 30 Metern hatte die Gruppe bei herrlichem Herbstwetter und wolkenlosen Himmel einen fantastischen Blick über die Stadt. Problemlos waren Gebäude und Objekte in den umliegenden Nachbarstädten Mülheim, Duisburg, Bottrop und Essen zu erkennen. Aber auch weiter entfernte Motive ließen sich gut ausmachen.
Gigantisch war nicht nur der Ausblick, der bei untergehender Sonne von allen genossen wurde, sondern auch die Solar Pyramide selbst. Unzählige blau schillernde Solarzellen, die auf drei dreieckigen Flächen angebracht sind, liefern hier Strom aus Sonnenenergie, die zwar nur symbolischen Charakter hat, zur Weihnachtszeit aber für die Beleuchtung der Tannenbäume auf dem EVO-Gebäude sorgt.

Hier kann man den aktuellen Wert der durch Sonnenenergie erzeugten Leistung ablesen

Eine super Fernsicht bei wolkenlosem Himmel - die Teilnehmer genossen es

Unzählige Solarzellen


Der Kamin des Heizkraftwerks Alt-Oberhausen
Im Hintergrund das Oberhausener Rathaus

Blick vom EVO-Gebäude auf Marienkirche, Wasserturm, Arbeitsamt und Gasometer. Im Vordergrund die grüne Holzkuppel der Sternwarte der Gesamtschule Alt-Oberhausen

 

Hinter diesen historischen Mauern verbirgt sich neben dem Werksmuseum auch jede Menge High-tech zur Energieerzeugung

 

Nach dem Abstieg verließ die Gruppe das Gelände und machte sich auf den Weg Richtung Friedensplatz. Das nächste und auch letzte Ziel lag auf der Elsässer Straße im Café Transatlantik.
Was eigentlich alle aus der Gruppe noch wussten, hier war bis Ende der 70er Jahre das Kino "Europa-Palast" ansässig. Den Namen gab ihm das Haus, in dem es lag, das Europa-Haus.
Das heutige Café befindet sich im Foyer des früheren Kinos. Durch die unterhalb liegende Bar ging es früher in den eigentlichen Kinosaal. Die entsprechende Tür ist heute nur noch von innen sichtbar. An den Toiletten des Cafés Transatlantik vorbei kommt man heute in die oberen Ränge des ehemaligen Kinos. Wenige Glühbirnen erleuchten den riesigen Saal, der ohne Bestuhlung noch größer wirkt.

Das Rock-Musical "The Rocky Horror Picture Show" gastierte hier für gut ein Jahr, bevor sich hier im Anschluss daran der "Star Club" niederließ und zahlreiche Bands den Saal mit Leben erfüllten. Doch auch der "Star Club" musste seine Pforten schließen und zog Anfang der 90er Jahre in das Gewerbegebiet Lipperfeld. Der Grund war der gleiche wie beim Kino und beim Musical - die Lautstärke, die den Bewohnern des Gebäudes zu schaffen machte.
Die heutigen Musikanlagen mit Dolby-Surround-Technik - ein Muss für ein konkurrenzfähiges Kino - produzieren eine derartige Lautstärke und vor allem Bässe, dass diese auch noch in der entferntesten Wohnung wahrzunehmen sind. Für solche Art von Musikanlagen wurde das Europa-Haus beim Bau nicht konzipiert. Eine effektive Schalldämpfung ist aufgrund der Stahlkonstruktion offensichtlich nicht möglich.
Zuletzt befand sich hier der Proberaum des Stadttheaters, was noch an der Bodenfläche aus Sperrholz zu erkennen ist. Die Fläche entspricht nahezu der des "Großen Hauses" an der Ebertstraße. Nachdem das Stadttheater jedoch einen eigenen Proberaum baute, zog auch der letzte Mieter hier aus. Seit gut zwei Jahren steht der Saal nun leer.
An dieser Stelle endete dann die "Stadtführung der außergewöhnlichen Art" und Axel J. Scherer verabschiedete sich von den Teilnehmern.
Hoffen wir auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr …

Titelszene mit freundlicher Genehmigung des CityO.-Management e.V.

 

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